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Valeria JanaundAugust

Jetzt fahrn wir übern See, übern See ..

6. April 2012
By Jenny
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Im Treppenhaus duftet es nach überbackenem Toast. In der Messe taucht wohl
jeder nach seiner eigenen Zeit auf, so frühstücken wir allein. Später kommt
der 3. nautische Offizier, um sich mit uns für den Sicherheitsrundgang zu
verabreden.

Wir erfahren, wo Feuerlöscher stehen, dass wir zur
Musterstation 2 im Falle einer Havarie gehen müssen und der Steward unser
Ansprechpartner ist. Der Kapitän ist im 2. Rettungsboot und verläßt das
Schiff zuletzt. In allen Booten sind Proviant, Wasser und Instrumente, um
Signale abzusetzen. Interessant ist, dass es neben Rettungswesten auch
einen sackartigen Wärmeoverall gibt, der im kalten Atlantikwasser vor
Unterkühlung schützen soll. Innerhalb von 6 Tagen kann man heutzutage
jeden Ort auf der Welt erreichen, sagt der Sicherheitschef, so lange würde
man über die Runden kommen. Dann werden wir für unsere Bordkarten
fotografiert – lächeln gestattet. Mit den Ausweisen können wir uns in den
Häfen bewegen und an Land gehen.

In der Kammer warten wir auf den Anruf, wann das Schiff aus dem Hafen
bugsiert wird. Dann erst können wir auf die Brücke gehen oder an die
frische Luft. Die Abfahrt verzögert sich bis 1600. Wir schmökern in Büchern
und Zeitschriften über Frachtschiffe. Die Reederei Laeisz, Eigentümer
der San Diego, wurde 1824 in Hamburg gegründet. Gestartet sind sie mit
5-Mastern, die zweimal im Jahr nach Chile unterwegs waren. Auch die
berühmte Krusenstern war mal im Besitz der Reederei. Ab 1930 kamen
Kühlschiffe für den Bananentransport hinzu. 1993 übernahmen sie die
deutsche Seereederei und der Firmensitz wanderte nach Rostock. Heute
hält sich die Reederei mit einer Diversifizierungsstrategie über Wasser:
die Hälfte der Flotte sind Container-Schiffe, es gibt außerdem ein paar
Gastanker, Autoladeschiffe, Stückgutfrachter und Zugfähren. 6
Forschungsschiffe sind auch dabei, etwa der Eisbrecher Polarstern.
Einige der Schiffe sind noch auf der Warnow-Werft gebaut worden. Am
ungewöhnlichsten ist Bau und Betrieb der Neumayer-Station auf dem
Ekström-Eisschelf der Antarktis, die aus 100 Containermodulen mit einer
Gesamtfläche von 1200 qm besteht. 9 Meteorologen, Aero-Chemiker und
Geophysiker sind immer vor Ort. Aber auch unser Schiff nimmt für den Dt.
Wetterdienst Meßreihen auf: Temperaturen von Luft, Wasser und Windstärken.

Um 16.30 h schrillt das Telefon, alles ist klar fürs Ablegen und der Lotse
ist auch schon an Bord. Das Schiff wird Stück für Stück von 2 Schleppern
aus dem Liegeplatz gehievt, bis es selbst die Steuerung übernehmen kann.
Den Befehl für die Position des Ruders hat nicht der Kapitän. Der schlägt
sich mehr mit Papierkram und hält Ausschau. Stattdessen weist ein Lotse
aus Valencia den Steuermann an. Als wir die Kaimauer passieren, ist die
Arbeit des Lotsen erledigt und er kletter per Tauleiter wieder von Bord.
Dann werden die spanische Flagge und die der Reederei eingeholt,
gehisst wird nur am Hafen. Käme auch viel zu teuer, denn der Fahrtwind
hat einen guten Griff. Die Silhouette von Valencia schrumpft, aber wir
bleiben in Küstennähe. Morgen passieren wir die Straße von Gibraltar
und schiffen in Algeciras ein.

Jetzt, wo das Schiff einmal unterwegs ist, kehrt etwas Ruhe ein. Wir
inspizieren die nautischen Instrumente, Kartenmaterial und Seefahrtsbücher
Trotzdem Software und GDS die Orientierung erleichtern, ist immernoch
Hand- und Kopfarbeit gefragt. Vor Salvador sei die Abweichung des GPS,
laut dem nautischen Praktikanten an Bord, bis zu einer Meile groß. Weil
das US-Millitär absichtlich Ungenauigkeiten reinbringe, hätten die
Europäer zusätzliche Fixpunkte installiert. Auf dem Schiff verläßt man sich
daher immer noch auf die alte Art der Positionsbestimmung und des
Kursabgleichs. Das geht wie eh und je anhand von Leuchtfeuern und
Landmarken. Die Position wird auf eine Karte eingetragen – auf See jede
Stunde, in schwierigen Passagen alle paar Minuten. Per Radar und Fernglas
hat man außerdem den Überblick über den anderen Schiffsverkehr. Das ist
sehr wichtig, denn Überholmannöver auf See gehören zu den größten
Gefahrensituationen. In der Seefahrtsschule trainiert man dafür im
Simulator. Im Prinzip gilt, je größer das Schiff, um so träger reagiert das
Steuer und um so weniger sollter der Kurs korrigiert werden müssen.

Essen: Toast mit Salami und Tomaten, Dorsch mit Reis und Bohnen, gebratene
Hähnchenflügel mit Austernsoße

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